Kapitel 2.4. „E-Medienkompetenz / e-media literacy“ aus: „E-Learning Geschichte“ (Zusammenfassung)

Im Hinblick auf die Herausforderungen, die die digitalen Medien für die Geschichtswissenschaft laufend hervorbringen, erscheint es zweckmäßig, den häufig und oft sehr unspezifisch verwendeten Begriff der Kompetenz aufzugreifen und vor allem fachwissenschaftlich – aber auch bezogen auf mehr allgemeine Fähigkeiten – zu konkretisierten. Ausgehend von einem philosophisch geprägten Begriff der „kommunikativen Kompetenz“ und einem damit verbundenen demokratischen Lehr-/Lernkonzept wird vor allem deren dynamischer und pragmatischer Aspekt hervorgehoben, wodurch die elektronischen Medien verstärkt als Werkzeuge erkennbar werden, die weniger Wissensvermittlung als das Erlernen ihrer Handhabung erfordern, welche selbst wieder je nach eingebrachter Intensität und Kritik weiter differenziert werden kann. Gegenüber einer zu starken Betonung der technischen Seite geht es hier primär um die grundlegende Fähigkeit der Einordnung von Information, um die Aufschlüsselung ihrer Herkunft, wodurch in einem pädagogischen Modell gegenüber den technischen und reflexiven Momenten der Handhabung mehr die kulturellen und sozialen Momente in den Vordergrund treten, die Vertrautheit mit ästhetischen und gesellschaftlichen Codes und das sinnvolle Eingehen auf überbordende Angebote.
Die Geschichtswissenschaft hat in einer von Offenheit und noch ausstehender Entfaltung des Mediums geprägten Übergangsphase, die Anlass zu utopischen Hoffnungen und Konzepten gibt, aber auch den Begriff der E-Medienkompetenz weitgehend offen lässt, auf ihr bewährtes fachwissenschaftliches Programm und deren Anforderungen abzustellen, die Medien in dieser Hinsicht zu bewerten und das Web aufzuschlüsseln, wobei social software und semantic web Ansatzpunkte für neue Lehr-/Lernszenarien bieten. Im Rahmen eines breiteren Diskurses über die Verwendung der Neuen Medien und des dabei auftretenden digital divide, der auch Genderkompetenz ansprechen muss, ist eine neue, mehr nachfrageorientierte Lernkultur nachhaltig – im Sinne von change management – zu entwickeln, die technische, reflexive und soziale, sowie die selbständig-individuelle Handhabung und die Einbindung personalisierter Lernumgebungen betreffende Aspekte umfasst.

Aus der Perspektive der Geschichtswissenschaft erweist sich die mediale Herausforderung weniger als ein neuer turn, eher als ein Drall, der es ihr erlaubt, vorangegangene turn’s in sich aufzunehmen. Im Mittelpunkt steht hier der grundlegende Wandel in den historiographischen Arbeitsbedingungen mit seinen Auswirkungen auf Quellengrundlage, Autorschaft und Narration, woraus sich neue Möglichkeiten forschungsgeleiteter Lehre unter Verbindung von Wissensaneignung und -anwendung eröffnen. Aufgrund fehlender Standardisierung besteht die Herausforderung dabei vorerst in der Bewertung von Netzinhalten und der Klärung ihrer Entstehung, wofür Geschichtswissenschaft durch entsprechend angepasste Quellenkritik und kritische Analyse gerüstet scheint.
Das hierfür ausgearbeitete, fachspezifisch ausgerichtete Modell von Peter Haber und Jan Hodel versucht E-Medienkompetenz durch die Verbindung von historischer Verortung und didaktischem Konzept zu befördern, durch die überfällige Modellierung bisheriger Methoden, aber auch die laufende Erforschung und Vermittlung neuer Möglichkeiten. Bei der geschichtswissenschaftlich abgestimmten Bewertung von E-Learning-Angeboten und den zugrunde liegenden Technologien geht das didaktische Konzept von bestehenden Strukturen in Forschung und Lehre und einem spezifischen Kompetenzbegriff aus, um die historische Online-Kompetenz anhand von Teilkompetenzen zu verdeutlichen: so wird unter „Lesen“ eine kritische Informationskompetenz verstanden, die Recherche, kritische Überprüfung, auch hinsichtlich Relevanz, Quellenkritik, Beurteilung von Urheberrechtsfragen und Kenntnis wichtiger Akteur/e/innen und ihrer Interessen umfasst, unter „Schreiben“ der trotz seiner zentralen Bedeutung sträflich vernachlässigte Aspekt von Narrativität einschließlich neuer Formen, und unter „Reden“ – jenseits herkömmlicher Lernplattformen – die Hinwendung zum wissenschaftlichen Diskurs mit potentieller Partizipation.

Bereitet die Kurzfristigkeit fachspezifischer E-Medienkompetenz, die zu laufender Beobachtung und Bewertung zwingt, und nur aufgrund professioneller Abstimmung entsprechende Lernkonzepte möglich macht, gewisse Schwierigkeiten, so kann doch die damit verbundene Experimentierfreude und Kreativität, bei entsprechender Begleitung durch die Lehrenden – wobei die Entstehung von Information und Wissen in den Vordergrund, die technische Seite aber zusehends in den Hintergrund tritt – zur kompetenten Nutzung und Reflexion der neuen Möglichkeiten durch die Lernenden beitragen, die sich solcherart in diesem Feld zunehmend als Handelnde begreifen können.
Schmale - 3. Nov, 11:48

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